Vor einiger Zeit haben wir erste Beobachtungen ueber Kuba zusammengetragen. Hier kommt nun die Fortsetzung. Wir sind nun schon ein paar Tage in Cienfuegos, gestern hatten wir einen Abstecher nach Trinidad de Cuba – ein UNESCO-Weltkulturerbe! – gemacht. Heute frueh ist Thiemy nach 3-woechigem, schwachwindigem Aufenthalt auf der September von Bord gegangen. Heute irgendwann um Mitternacht herum werden Thomy und Oliver eintreffen; unsere Gaeste fuer die naechsten knapp 2 Wochen. Aber zurueck zu den Kubabetrachtungen: Wir haben wieder sehr viele Begegnungen gehabt. Denn einerseits sind die Kubaner sehr kommunikativ und andererseits suchen sie auch den Austausch mit aussen, bzw. eine Chance mit uns etwas ‚mischeln‘ zu koennen. Wir haben mittlerweile gemerkt, dass es eine richtiggehende Parallelwelt zur staatlichen gibt. Das aeussert sich z.B. so: es gibt durchaus ein paar Restaurants. Wirft man einen Blick auf die Karte, erstaunen dabei immer wieder die recht hohen Preise. Fuer etwas aeusserst durchschnittliches, nicht gerade viel von der Menge her und nicht sehr liebevoll serviert in einem sterilen Umfeld bezahlt man schnell mal soviel wie bei uns fuer ein Menue in einem guenstigen Restaurant. Irgendwann sind wir dann aber mit Mikey, unserem ‚Hauskutscher‘ zu einem von ihm ‚empfohlenen‘ Restaurant gefahren. Er hat auch gleich gesagt, dass er so um einen CUC Kommission und Nahrung fuer zu Hause erhaelt. So waren wir dann nicht so ganz sicher, auf was wir uns da einlassen wuerden. Mikey fuehrte uns durch unscheinbare Gassen an eine unscheinbare Tuere. Dort rein, musste man noch eine unscheinbare Treppe hochsteigen, um in der Privatinitiativenwelt von Kuba anzukommen: in einem nett mit Holz verkleideten Innenhof assen da schon ein paar Leute. Zur Auswahl gab es Languste, Schwein, Fisch, Garnelen und alles mit reichlich Beilagen. Fixpreis 10 CUC. Der Koch kochte frisch vor unseren Augen (es wird wohl auch sonst frisch gekocht). Ein netter Abend, bei dem Preis/Leistung wirklich stimmten. Verstaendlich nun fuer uns, wieso die staatlichen Restaurants zumindest abends meist voellig leer sind. Der Weg zum Restaurant war uebrigens sehr abenteuerlich. Denn unser Hauskutscher Mikey, der uns zuerst zu einer von uns genannten Adresse gefahren hatte, die sich dann aber als – von ihm vorausgesagten – Flopp herausstellte, wurde ploetzlich von einer Polizeistreife im Auto angehalten. Er hatte, wie fast alle anderen Fuhrwerke auch, kein Licht an der Kutsche. Eines hatten wir mal gesehen mit einer Petroleumlampe unter der Ladeflaeche. Nun, es wurden – wen wunderts? – Formulare ausgefuellt. Schliesslich zahlte er 10 Pesos Nacionales, also etwa 50 Rappen oder 40 Cent. Busszettel bekam er dafuer aber keinen. Nochmal Glueck gehabt. Sage und schreibe weniger als 1 Minute spaeter haelt ihn erneut ein Streifenpolizist, diesmal alleine und auf einem Motorrad, an. Er erklaert, dass er eben schon gebuesst worden sei. Da er aber keinen Strafzettel vorweisen kann, macht der Polizist ernst. Schon an der Koerperhaltung kann man erkennen, dass wir es hier mit der uebleren Sorte zu tun haben. Resultat: 250 Pesos Busse!! Das sind 10 CUC, also fuer viele Leute ein Monatslohn. Ein Monatslohn fuer einen armen Schlucker, der nur seinem Handwerk nach ging und kein Licht hatte. Danach bricht es aus Mickey heraus. Er nennt Kuba das beschissenste Land der Welt und sagt, er schenke uns Pferd und Wagen, wenn wir ihn nur mitnehmen. Alleine vorne auf dem Kutscherbock hatte er sich nach der Busse lange den Staub aus den Augen gewischt. Vielleicht war es auch etwas anderes, wir hatten auf jeden Fall nichts in den Augen. Wir haben schliesslich die Busse uebernommen. Das Preisgefuege hier ist irgendwie grotesk. Oder es spiegelt einfach die tatsaechlichen Kraefteverhaeltnisse wider. So waren wir heute auf dem Gemuese-, Fruechte- und Fleischmarkt. Ordentliches Angebot, die Ware sieht gut aus. Gezahlt wird ausschliesslich in Pesos Nacionales, also in der Waehrung fuer die Lokalprodukte. Da kostet das Pfund Tomaten 1 Peso, also etwas 5 Rappen oder 4 Cent, Bananen sind verhaeltnismaessig teuer, das Stueck ca. 1 Peso. Das meiste kostet 5 Peso das Pfund. Das beste Schweinefleisch – und es ist wirklich saugut hier – duenn geschnitten kostet 20 Peso pro Pfund, also weniger als einen Dollar. In der Nahe des Marktes gibt es Kaffee. Die Tasse fuer 1 Peso. Vorher war der Spitzentiefstpreis 45 CUC-Cent. Dies allerdings am Hauptplatz, in einem netten Lokal und supergut! Neulich hatten wir 1 CUC pro Tasse bezahlt, also 25 mehr als die 1-Peso-Tasse. Dann waren wir heute in der Waescherei. Haben eine Menge gewaschen und getrocknet, die sonst um die 20 US-Dollar kostet. Unser Preis in Kuba: 14 Peso, also etwa einen halben Dollar. Das ganze in ganz neuen, chinesischen Waschmaschinen und Trocknern. Der Durchschnittskubaner kann sich aber das Waschen im Waschsalon (nur Waschen = 6 Pesos) nicht leisten. Livia, mit der wir lange gesprochen hatten, verdient als Mutter eines 25-jaehrigen Sohnes und mit einem Universitaetsstudium als Ingenieurin knapp 10 CUC, ihr Sohn auch. Mit 20 US-Dollar muss sie also ueber die Runden kommen. Auch wenn obige Preise guenstig erscheinen, was wirklich zu Buche schlaegt sind z.B. Speiseoel zum Kochen oder Seife. Sie kann sich aber immerhin den Waschsalon, allerdings ohne Trockner, leisten. Uebrigens: den normalsten Service, den wir sonst ueberall gerne in Anspruch genommen haben, naemlich die Waesche bringen und dann waescht sie jemand fuer uns, bzw. stopft sie in die Maschine, und wir holen sie spaeter wieder ab, gibt es hier nicht. Dabei koennte man da ja ein gutes Zubrot verdienen. Ist aber ein Staatsbetrieb. Fast haette ich es vergessen: Mickeys Kutsche ist kein Staatsbetrieb, sondern privat. Man merkst gleich. Er richtet sich auf die Kunden aus und verdient dabei gut. Wir haben ihn zwar immer auf den Autotaxipreis runtergedrueckt (=2 CUC), aber die locals fahren fuer 1 Peso, also 50 mal weniger. Also immer noch ein gutes Geschaeft. Noch etwas groteskes zum Transportwesen: als wir vorgestern eine Busverbindung ins 80km entfernte Santiago fuer den folgenden Tag suchten, gingen wir natuerlich zum Busbahnhof. Am normalen Schalter wurden wir aber ab- und an einen anderen Schalter verwiesen. Touristenschalter. Zu unserem Erstaunen gab es den ersten Bus erst nach 12 Uhr mittags. Und zurueck schon wieder um 15.30 Uhr. Netto viel zu wenig Zeit fuer den Besuch. Also mussten wir uns notgedrungen ein Taxi organisieren. So fuhren wir dann fuer 30 CUC fruehmorgens hin und fuer 18 CUC im Bus zurueck. Im Taxi mussten wir kurz vor Trinidad aussteigen, um zu Fuss an einer Polizeikontrolle vorbeizulaufen, waehrend der Fahrer dann spaeter nachgekommen ist. Fuer den Fall, dass wir angehalten wuerden, haben wir vorher eine Geschichte vereinbart, damit alle das selbe sagen. Schwarzmarkt halt und die Polizei allgegenwaertig. Am perversesten wurde es dann am Busbahnhof bei der Rueckfahrt. Gleich als wir im vollklimatisierten, modernen, bequemen Bus losfuhren, wurde ein Bus fuer die Kubaner gefuellt, einfach ein Viehtransport, anders kann man das nicht nennen. Wahrscheinlich haben sie einen Peso bezahlt. Wir haben einen recht korrekten Preis von 6 CUC pro Nase bezahlt, aber was den Kubanern da geboten wird, auch wenn es weit guenstiger ist, ist pervers. In allen Laendern, die wir bisher gesehen haben, inklusive Afrika, war der Bustransport etwas hocheffizientes, das in keiner Weise an das herankommt, was Kuba da treibt. Wir haben nun auch schon ab und zu den Kopf in die Laeden – oder man muss eher sagen Loecher – gesteckt, in denen es gegen Buechlein die paar dringendsten Sachen gibt. Wir koennen da nichts kaufen. Wollen wohl eher auch nicht. Denn die Zigaretten, die Zahnpaste, der Reis, die dort angeboten werden, sehen qualitativ sehr, sehr bescheiden aus. Wie uebrigens auch das staatliche Brot, das wir zum Glueck – ist es wirklich eins? – kaufen duerfen. Es ist uns ein Raetsel, wie man mit so wenig Zutaten Brote in der Groesse backen kann. Die Kubaner muessen Weltmeister der Materiallosen Produktion sein. Das entspricht ressourcentechnisch natuerlich dem Zeitgeist, beim Brot leisten sie da aber am falschen Ort beste Arbeit. Man koennte es auch ander sagen: wuerde man ein Pfund Brot kaufen wollen, bekaeme man wohl einen Kubikmeter Brot. Im ersten Bericht hatten wir die Musik erwaehnt. Das war ein ausserordentliches Phaenomen von Santiago. In Cienfuegos oder auch Trinidad ist das ganz anders. Wir haben noch keine Live-Musik gesehen und auch sonst scheint das etwas weniger wichtig. Gestern Abend waren wir ueberigens in der ersten kubanischen Fast-Food-Kette, El Rapido. Naja, das Essen, 1x eine Pizza Chorizo und 2x 1/4 Haehnchen wurden nach wenigen Sekunden ueber die Theke geschoben. Ein Knueller war es nicht, aber auch nicht so uebel. Und fuer insgesamt weniger als 4 CUC recht preiswert. Und beliebt bei den Leuten. Die kamen zwar meist nur, um wenig zu Essen zu kaufen, dafuer gleich eine ganze Flasche Rum zu zweit dazu. Insgesamt ist Cienfuegos ein sehr sauberes, ruhiges Staedtchen mit einem schmucken Stadtkern und schoener Lage in der Bucht. Den Leuten scheint es recht gut zu gehen. Auf jeden Fall wird abends ausgegangen und sogar ein wenig konsumiert. Auf dem Land, das wir vom Bus aus gesehen haben, scheint es recht einfach zu und her zu gehen. Die Haeuser sehen zwar solide, aber recht simpel aus. Infrastruktur hat es kaum, ausser Wasser und Strom und Schulen. Sonst praegen magere Kuehe, Ziegen, Pferde und Pferdefuhrwerke das Bild. Landwirtschaftliche Maschinen haben wir keine gesehen. So, Schluss fuer heute. Es gaebe wohl noch einiges zu erzaehlen, aber es wird langsam lang, nicht wahr? Fazit bisher: Wenn einer eine Segelreise tut, dann hat er nicht unbedingt viel zu erzaehlen. Wenn er allerdings nach Kuba geht, schon. Nun freuen wir uns auf die beiden neuen Besucher, wovon ja der eine, Oliver, des Skippers Patenkind ist und daher eine Sonderbehandlung erhaelt, waehrend der andere (Thommy, Vater des Patenkindes) den Hauptharst der Bordarbeit aufgebuerdet bekommt. Gute Aussichten. Fuer uns!
Uebrigens: Kaum ist Thiemy von Bord pfeift der Wind mit 14 Knoten!