Wir liegen nun schon eine Woche in Rio ‚vor Anker‘ – genau genommen in einem Hotel genau zwischen Copacabana und Ipanema gelegen. Perfekte Lage!
In der Zeit und auch davor haben wir natürlich viele Eindrücke von Brasilien gewonnen, die hier mal ansatzweise wiedergegeben werden sollen.
Als erstes sei nochmals gesagt, wie unheimlich ’normal‘ die Brasilianer sind. Keine Aufregung, keine Aggression (in Normalsituationen), viel Freundlichkeit, Offenheit, Respekt und Zuvorkommen. Tönt irgendwie blöd, aber so fühlt es sich an. Wenn man die gesellschaftlichen Problemfelder mal ausblendet, dann scheint das im Umgang eine sehr angenehme Gesellschaft zu sein. Dies wohlgemerkt in einer Situation der Krise. Zur Zeit wurde hier – ohne dass wir das richtig merken – der Notstand ausgerufen. Erfahren haben wir das aber aus dem Internet.
Zu den gesellschaftlichen Problemen gehört natürlich die hohe Kriminalität, die uns ja ganz zu Anfang etwas die Laune verdorben hat. Bzw all die Geschichten darum herum. In unserer Realität begegneten wir ihr anfänglich kaum, vielleicht weil wir Glück hatten oder einfach kein Pech (eher Letzteres) oder weil es an vielen Orten, an denen man sich als Tourist vornehmlich aufhält, wirklich kein Problem ist. Dass es aber sehr grosse Unterschiede zwischen Arm und Reich gibt, ist für jeden sofort ersichtlich, der hinter den glitzernden Hochhäusern die weniger glitzernden Behausungen an den Hängen der Hügel und Berge rund um die Städte oder innerhalb der Städte erkennen kann. Oder wer sieht, was tagein tagaus so alles von Menschen aller Alterschichten auf der Strasse angeboten wird. Das sind alles keine Angehörigen der Mittelschicht, die sich da irgendwie über Wasser zu halten versuchen. In Rio dann auch mal direkter Kontakt mit Kriminalität, einerseits durch unbemerkte und ungewollte ‚Uebergabe‘ von Wertsachen an einen neuen Besitzer am Strand von Copacabana (jaja, wir haben’s geschafft), andererseits durch einen Ueberfallversuch in unmittelbarer Nähe oder durch die klare Message einer Autofahrerin, die extra wegen uns angehalten hatte, um ins vor der Weiterfahrt mit den Fahrrädern in ein nicht so ideales Quartier zu warnen. Und natürlich die hohe Polizeipräsenz in der Realität und in den Medien. Aber man gewöhnt sich daran und passt sein Verhalten an. Und lebt so ’normal‘ weiter.
Im Moment scheint das Land gemäss Medienberichten lahm gelegt. In der Realität haben wir ca. während zwei Tagen Autoschlangen vor Tankstellen gesehen. Mehr nicht. Aber wir sind ja auch im Touristenzentrum von Rio.
Ja Rio: was für eine Stadt! Wer hat die bloss designt? Ein wahrer Maestro muss das gewesen sein. Eine Lage, wie man sie sich toller kaum vorstellen kann. Dann überall Strände, ein grosser Stadtsee, faszinierende Hügel, tropischer Regenwald dazwischen, nette Leute, Klima zum ganzjährig baden und freundliche Menschen (- mit ein paar Dieben dazwischen). Neapel sehen und sterben, nach Rio kommen und leben!
Was hat die Crew denn nun so unternommen neben der Tatsache, dass sie ausgenommen wurde?
Mehrfacher Strandliegeversuch. Meist anderem zum Opfer gefallen = abgebrochen (nach Diebstahl nach wenigen Minuten), gar nicht erst angefangen (zu volles anderweitiges Programm), nur kurz (da zu spät angefangen Sonne gleich weg und kühl).
Mehrfacher Besuchsversuch des Zuckerhutes, schliesslich bei Nebel ganz oben dann ‚gelungen‘.
Besuch des Corcovado (das ist der mit der Jesusstatue drauf). Etwas spät, wenig Sonne, Wolken.
Beide Hügel werden von Schweizer Bahnen erklommen. Einmal mit Zahnradbahn, einmal mit Gondelbahn.
Besuch botanischer Garten und diverses anderes.
Stadtrundfahrt.
Zweimal Herrenabend: Fussballspiel von Fluminense im Maracana-Stadion und Champions Leage Finale auf Grossleinwand. Anschliessend etwas zu heftig den Caipirinhas zugesprochen….
Viele Fahrradfahrten. Rio hat ein super Leihvelosystem wie viele andere Staedte auch. Die Stahlrösser sind in gutem Zustand und es gibt mittlerweile ein recht umfangreiches Netz an Fahrradwegen, die von der Strasse abgetrennt sind. Alles via App machbar. Tolle Sache.
An einem Abend waren wir noch als Freiwillige bei http://www.refettoriogastromotiva.org/english/ im Einsatz und haben Menschen am unteren Rand der Gesellschaft ein Nachtessen serviert. Dank der Schweizerin Martina, die uns zufällig auf der Strasse ‚aufgegabelt‘ hat und die bei obiger Organisation ein Praktikum macht, war dies kurzfristig möglich. Vielen Dank, Martina! Falls eine Leserin oder ein Leser einmal nicht weiss, wo man sinnvoll Geld spenden kann: diese Organisation wäre sicher eine gute Möglichkeit. Es werden täglich 90 3-Gang-Nachtessen aus überschüssiger Nahrung, die sonst weggeschmissen würde, für ärmere Menschen gekocht. Das meiste mit Freiwilligen und auf eine Art, welche die Gäste eben als solche behandelt und nicht einfach als Essensempfänger. Sogar Ausbildung ist noch dabei, also eine rundum gute Sache.
Die nächsten Etappen führen uns dann wahrscheinlich via Ouro Perto, Belo Horizonte nach Brasilia und dann irgendwie nach Salvador zurück. Wir beginnen mal mit Busfahrten, aber wegen der Notsituation rund um die streikenden LKW-Fahrer und die daraus resultierende Benzinknappheit sind all die Reisepläne etwas wackelig. Aber wir haben zum Glück noch etwas Zeit. Und in Salvador regnet es noch immer täglich, so dass wir dort nicht viel verpassen.
So, das wärs wieder mal vom Landleben.

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Klaus Tischhauser

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