Und schon wieder liessen wir die Berichtsbeine hängen. Es passiert halt nicht viel. Oder doch?

Nach Finisterre lagen wir über Nacht noch vor Muros. Dann Stopp in Sanxanxo. Hier kam es zu einem Wiedersehen mit unseren belgischen Seglerfreunden Dirk und Anneke von der Narid, die wir im Jahre 2008 in dieser Gegend kennen lernten. Sie waren dann in 9 Jahren um die Welt gesegelt und sind in unserem Logbuch ja auch schon mehrfach erwähnt worden.

Wir liegen jetzt eine Woche in Vigo, wo der Motordoktor sich unseres Getriebes annimmt. Ausgebaut ist es, so dass wir nun zumindest bezüglich Schiff antriebslos sind. Ansonsten haben wir einiges vom früher Geplanten nachgeholt. Barbie und Oppenheimer haben wir hier in Originalversion gefunden und geschaut. Beides befanden wir für hervorragend, wobei Barbie ja wirklich Kultstatus erlangen kann. Das Kino mit einigen Vorführsälen ist in einem Wohnhaus untergebracht und hat als einziges neuzeitliches Element eine Popcorn-Maschine (und man konnte online Tickets kaufen). Ansonsten seit Jahrzehnten nichts verändert, auch gar nicht nötig. Wir wurden beim Einlass schon mit Namen begrüsst – wohl die einzigen, die online gebucht hatten. Dann noch die Frage, ob wir über 65 seien, dann gäbe es Vergünstigung. Vergünstigung? Ist doch schon günstig mit 4 Euro (Barbie) bzw. 5 Euro (Oppenheimer). Die Lokalbevölkerung sehe das anders, meint die Dame an der Kasse. Wir spielen mit dem Gedanken, eine Anti-Aging-Gesichtscrème zu kaufen …

Nachgeholt haben wir auch den Ausflug ins Hinterland. Das entwickelte sich zum kleinen Abenteuer. Zuerst wurden wir per email darauf hingewiesen, dass der Zug nach Santo Estevo do Sil im zweiten Teil durch einen Bus ersetzt würde. Dann merkten wir ihm Bahnhof auf dem Weg zum Gleis, dass wir gar nicht im richtigen Bahnhof waren – es gibt zwei in Vigo. Taxihetze zum anderen Bahnhof, der aber nur 500m Luftlinie entfernt liegt. Locker geschafft. Dann werden wir nach einer schönen Zugfahrt zum Bus geführt, wo der Buschauffeur den Kopf schüttelt und meint, sein Bus sei zu gross für den Ort, wo wir hinwollen. Wie bitte? Nun, die Lösung kommt sogleich. Ein Kleinbus wird für uns und eine ältere Dame bereitgestellt. Wir werden schon gewarnt, dass die Strasse schlecht sein werde. Man kann es schon erahnen, die Frontscheibe ist starkt zersplittert, Steinschlag? Die Fahrt ist schön und völlig unproblematisch. Hat einfach Kurven. Mit der älteren Dame kommen wir schnell ins Gespräch, wobei sie ein Land namens Suiza nicht kennt. Das kann aber daran liegen, dass sie uns auch nicht versteht, als wir sie fragen, ob sie nach Hause fährt – a casa. Nach mehrmaligem Wiederholen sagst sie endlich ‚cascha‘ und versteht. Vielleicht wäre Schuischa als Land bekannter. Es ist nämlich so, dass hier, ganz nah an der Grenze zu Portugal die Sprache – Galicisch – schon sehr an Portugiesisch erinnert. Eigentlich wenig erstaunlich.

Freundlicherweise dürfen wir vor dem eigentlichen Halt beim Bahnhof aussteigen, gleich da, wo unser Wanderweg zum 300m höher gelegenen Kloster Santo Estevo do Sil beginnt. Kurz darauf beginnt auch ein heftiges Gewitter. 

Dennoch ist die Wanderung durch den fast schon verwunschen wirkenden Wald aus der Schlucht des Sil hoch zum Kloster schön. Nur die Kombination aus nahen Blitzeinschlägen, lauten Donnerknallern, den Schüssen der nahen Jäger und den Explosionen der Sprengungen an der Bahntrasse (daher der Busersatz) sind etwas zuviel des Guten. Damit hat es sich dann aber mit ‚Abenteuer‘. Wir nehmen Lager im luxuriösen Kloster, das heute ein Parador ist. Das sind die historischen Gebäude in Spanien, die in sehr nette Hotels umgewandelt wurden.

Am nächsten Tag dann lange Wanderung durch die von mehreren Flüssen durchzogene Hügellandschaft, in der viel Wein angebaut wird (Ribera Sacra). 

Das Hotel Villa Mexico ist dann ein kleiner Abstieg vom Parador aber sehr nett. Es ist Freitagabend und es wird gerade ein Grossereignis gefeiert: ein junger Bursche stellt sein neues Rally-Auto vor. Das ganze Dorf ist mit Kind und Kegel da, wir mitten drin. Ein DJ macht gute Musik, erst lange rein spanische, dann mal international. Als wir uns zurückziehen, beginnt die Sause wohl erst richtig und dauert dann noch lange an. Für den nächsten Tag hatten wir geplant, von Ourense aus ein Auto zu mieten, was auch gut geklappt hat. Nur kam uns dann plötzlich ein dummer Gedanke: kein Fahrausweis dabei! Also wieder gecanclet.

Am nächsten Tag warten wir auf den von Google-Maps ausgegebenen Bus. Den gibt es aber wohl schon lange nicht mehr oder einfach am Wochenende nicht. Aber ein Taxi bringt uns nach Ourense, dem Hauptort der Gegend. Hier nehmen wir den Zug nach Hause, also Vigo, entscheiden uns aber in Pontevedra kurzfristig, auszusteigen und noch eine Nacht ‚away from the boat‘ dranzuhängen. Das hat sich gelohnt! Die Stadt, wie die meisten hier mindestens römischen Ursprungs, hat eine sehr schöne Altstadt. Sie scheint ein wichtiger Durchgangsort für die Pilgerer nach Santiago de Compostela zu sein, denn plötzlich finden wir uns mit unseren Rücksäcken inmitten anderer Gestalten, die ähnlich wie wir aussehen.

Zurück aufs Schiff hat es uns nicht so dringend gezogen, weil da ja nur eine Baustelle wartet und eben Warterei. Der Slogan, mit dem die Werft wirbt – ‚Nowhere you can’t go‘ – ist zumindest im Moment ein schlechter Scherz für uns. Eine Volvo Penta-Werkstätte sollte schon immer in der Nähe sein…

Wir sind dennoch guter Dinge, denn mit Vigo haben wir eine Stadt der Superlative als vorübergehendes Zuhause. Sie ist die grösste Stadt Galiziens. Sie ist gemäss Wikipedia der grösste Hafen für Fischereiprodukte der Welt! In der Nähe wird in einer Werft gerade die teuerste Charteryacht der Welt, die ‚Renaissance‘, fertiggestellt. Pro Woche kostet das Teil gemäss Website 3m Euro. Aber man kann sicher noch einen Rabatt herausholen, dann wird es doch schon erträglicher. Und in der Nähe, auf der Insel Cíes gibt es den schönsten Strand der Welt. So schrieb es gemäss einigen Quellen jedenfalls einmal der Guardian. Wir waren ja schon im 2017 dort und ja, er ist schön. Aber der Schönste?

Also, es geht uns weiterhin gut, trotz technischer Hindernisse. Und wenn es so weitergeht, holt uns dann noch die September ein, die jetzt auf dem Sprung über die Biskaya ist. Das wäre ja immerhin ein schöner Trost für die Warterei.

 

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Klaus Tischhauser

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