San Miguel de Allende, Guanajuato, Angahuan

Nach einer langen Fahrt erreichen wir mit San Miguel de Allende ein Tourismusmagnet. Mehr als 10 % der Bevölkerung sollen amerikanische Rentner sein. Das merkt man auch. Die Stadt ist sehr herausgeputzt, alles ist chic. Eigentlich ist die Stadt ein einziges Shopping-Center für schönes Kunsthandwerk, von dem Mexico ja einiges zu bieten hat, sowie allem anderen, das schön und dekorativ ist. Alle Bars und Restaurants sind trendy, von Designern schön gestaltet. Der Baustil mit seinen bunten Hauswänden und Innenhöfen schafft natürlich hervorragende Voraussetzungen dafür. Auch wenn das manchem zu viel des Guten sein kann, so gefällt uns das ab und zu. Zwei Näechte waren dann aber genug. Der eine Abend war dann aber doch sehr speziell, denn es war ja der 1. November. Die Festivitäten rund um den Día de Muertos erreichten nun langsam ihren Höhepunkt. An diesem Abend wurden wir von der Aussicht auf Kartoffelsalat oder Kartoffelpürée im Restaurant Berlin angelockt. Das ehemals von Deutschen gegründete Restaurant – heute in Amerikanerhand – hatte auch tatsächlich Hackbraten und Kartoffelpürée auf dem Menu. Die Abwechslung vom zwar leckeren, aber halt doch anderen Food in Mexico war willkommen. Mitten im Essen wurden wir dann auf die Dachterrasse gerufen, da unten in der Strasse der Umzug zum Gedenken an die verstorbenen Kinder stattfand (der allerdings nichts mit Kindern zu tun hatte). Viele tagsüber in den Strassen von Profis schön bemalte und verkleidete Menschen, grosse Puppen und Musik zogen unten an uns vorbei. Mitten drin, neben all den Skeletten, die offenbar wichtigste Figur: La Catrina. Ist eine komplizierte Geschichte. Am besten rumgooglen, um herauszufinden, was es mit dieser ca. 1910 entstandenen Figur auf sich hat.

Den zweiten wichtigen Abend, den des 2. November, an dem der erwachsenen Verstorbenen gedacht wird, verbrachten wir in Guanajuato. Wir hatten uns kurzfristig dafür entschieden, allerdings etwas verunsichert durch die gerade in letzter Zeit sogar in unseren Zeitungen erschienenen Berichte über diese neue Hochburg der Drogengewalt in Mexico.
Was uns dann aber erwartete war etwas völlig anderes: eine wunderbare Altstadt (UNESCO Weltkulturerbe) und eine Anlage der Stadt, die so gar nicht dem Gewohnten in Mexico entsprach, wo ein viereckiger, parkähnlicher Hauptplatz (Zocaló) das Zentrum bildet und alle Strassen rechtwinklig zueinander verlaufen. Guanajuato ist in eine Hügellandschaft eingebettet, aus der die Stadt (und vor allem die Spanier) ihren historischen Reichtum bezogen mit Gold- und Silberabbau. Die ganze Stadt ist untertunnelt. Die Strassen verlaufen kaum je geradlinig, die wunderschönen Plätze sind schräg, sicher nicht viereckig und erinnern mit ihren vielen Lokalen mit Musikern an eine Altstadt zB in Italien. Das imposante Rektorgebäude der Universität steht genau vor unserem Hotelfenster. Die lange Treppe ist mit Blumen und Kerzen geschmückt, mitten drin das Bild des verstorbenen Rektors, der anscheinend eine wichtige Persönlichkeit der Stadt war.


Hier erleben keine Umzug, dafür sind einige Strassen abgesperrt, so dass Vereine, Organisationen, Ortschaften, Clubs, Familien etc. bunte Bilder auf die Strasse ‚malen‘ können. Sie machen das wohl mit gefärbten Holzschnitzeln. Eine bunte und schöne Sache! Wir sehen von unserem Balkonfenster aus doch noch eine Art Umzug: historisch gekleidete Musikanten und Sänger ziehen laut aber schön musizierend vorbei, gefolgt von einer Schar Menschen. Am näechsten Abend schliessen wir uns auch einer solchen Gruppe an. Es sind die jeden Abend durchgeführten Callejoneadas, bei denen ein kleiner Marsch durch die Altstadt, neben Musik ausgeschmückt mit unterhaltsamen Geschichten durchgeführt wird. Tolle Stadt! Wie oft müssen/dürfen wir das noch sagen in Mexico?
Es geht auch anders: um wieder einmal eine Wanderung auf einen Vulkan machen zu können, führte uns unser Weg nun nach Angahuan, ein kleines Nest am Rande eines ganz jungen Vulkans, dem erst ab 1943 entstandenen Paricutín. Wir waren erstmal froh, lebend angekommen zu sein. Denn auf der Strasse vor uns wirbelte plötzlich Staub auf. Was war da los? Die vor uns fahrenden Autos waren von der Strasse abgekommen, weil ihnen ein Tanklastwagen mit Anhänger auf ihrer Spur entgegenkam. Nun kam er uns entgegen! Er hatte gar nicht im Sinn, wieder auf seine Spur zurückzukehren, die war ja voll mit Personenwagen. So brauste er auch auf uns zu, so dass uns nichts anderes übrig blieb, es den vor uns Fahrenden gleich zu tun und unser Heil nicht auf unserer Spur, sondern zwischen Lastwagen und abfallender Böschung zu suchen. Zum Glück blieb uns gar keine Zeit, uns einzunässen, wir schauten uns nach der Rückkehr auf unsere Strasse nur ungläubig an. Der Lastwagen fuhr übrigens bergauf!
Nun also Angahuan. Einzige Unterkünfte hier Cabañas, also einfache Hütten. Wir vereinbarten gleich bei Ankunft mit Jorge, der uns zu Pferd verfolgt und am Dorfrand gestellt hatte, dass er am nächsten Morgen um 7 Uhr mit 3 Pferden vor unserer Hütte stehen solle. Wir verbrachten eine sehr kalte Nacht in einem sehr einfachen Raum. Das vorhandene Cheminée blieb leider kalt, da das Holz zu feucht sei (wir konnten das sehen bei den Feuern ausserhalb der Häuser, war wirklich viel Rauch). Am nächsten Morgen ging es also zu Pferd los bis an den Fuss des nicht sehr hohen Vulkans, der aber zT als eines der Weltwunder der Natur gehandelt wird (wohl weil man die Entstehung beobachten konnte).
Wir haben dazu wieder mal ein Filmchen gedreht. Der Ausflug war toll, aber ungeübt 4 Stunden im Holzsattel sind wohl deutlich härter als eine lange Wanderung.
Nun befinden wir uns auf einer der letzten Stationen für uns in Mexico auf dieser Reise. Es ist wieder ein Pueblo Mágico und magisch schön ist es allemal. Doch davon im nächsten Bericht.

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Klaus Tischhauser

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