Weiterhin San Francisco – Abenteuer an jeder Ecke!

So schnell wie im vorherigen Beitrag angedeutet verlassen wir SF wohl doch nicht. Nicht etwa, weil eine Hitzewelle uns die ersehnte Wärme gebrachte hätte, sondern weil wir weiterhin auf ein Zeichen der Behörden bezüglich unseres Visumsverlaengerungsantrags warten. Und obwohl sich hier die Covid-Zahlen auch wieder nach oben bewegen, sieht es ja weiter südlich nicht besser aus, im Gegenteil. So erkunden wir nun jeden Tag die Stadt etwas mehr und sind ziemlich begeistert. Und das obwohl Covid-bedingt ja alles stark runter gefahren ist. Mit unserem Besuch aus Hawaii haben wir zudem noch einen Kurzausflug in die Weinbaugegend von Napa und Somoa gemacht und die Küste nördlich von San Francisco gesehen. Sehr schön!
Die letzten Tage haben wir verschiedene der zahlreichen ‚Nationenzentren’ besucht. Zum Beispiel ein russisches Lebensmittelgeschäft (Elgard hat Meestermacher-Brot – ein Schwarzbrot mit Kernen – gegoogelt), in dem tatsächlich alle primär russisch miteinander sprechen, und das manch andere Köstlichkeit bereit hält. Oder das Japan Center, das vor allem japanische Esslokale und Läden entweder mit totalem Kitsch oder dann Teegeschirr enthält, aber voller Japaner bzw Japanstämmiger ist. Dann Haight Ashbury, das ehemalige Hippie-Zentrum, heute im Quervergleich ebenfalls bunter – es ist wohl das LGBT-Zentrum – als der Rest und voller Second Hand Kleiderläden. Und gestern dann das Ziel ‚Italien‘, das sich gleich an China Town anschliesst. Wir suchten nach italienischem Mittagessen und hatten eine reiche Auswahl. Bei Tony‘s Pizza Napoletana sind wir dann schliesslich hängen geblieben und begannen eine Mischung aus Abenteuer-Gastronomie und Gastrokritiker-Highlight. Der Chef nahm uns gleich persönlich in Empfang und verriet uns, dass er Zeit in Höngg verbracht habe und noch irgendetwas mit Dübendorf und ‚sono Michele‘. Guter Anfang, so muss es sein beim Italiener, wir sind in guten Händen!
Den ersten Sitzplatz wechseln wir, da der Tisch so schräg ist, dass er wohl kaum ein Glas an Ort und Stelle würde halten können; wir sitzen an einer steilen Strasse (nicht unüblich in SF). Am perfekt horizontalen Tisch wird uns dann sogleich eine Speisekarte gereicht, die es auch elektronisch gibt. Trotz Covid schätzen wir die handfeste Version immer noch mehr. Bald folgt das obligate Wasser in richtigen Gläsern! Unsere Serviererin kommt und nimmt die Bestellung auf. Bei der ersten Antipasto-Bestellung redet sie so auf uns ein, so dass wir anfänglich denken, etwas sei ausgegangen, merken dann aber, dass sie uns nur mitteilt, was für eine great choice das sei und das dies die am häufigsten bestellte Vorspeise sei. Beim zweiten Antipasto wieder ein Wortschwall (wir fanden nicht heraus, ob das nun Englisch, Italienisch oder etwas Östlicheres ist – Sprechen durch Maske macht es auch nicht gerade besser), dem wir nach neuerlicher Verarbeitungspause entnahmen, dass dies eine great choice und die am zweithäufigsten bestellte Vorspeise sei, wir liegen also gut im Schnitt. Dann beim Bestellen des Hauptgangs kamen Zweifel bezüglich der Groesse der Vorspeise auf. Ist sie schon genug oder doch nicht, wieviel Hunger haben wir, wir wissen es nicht, Vorspeise teilen? Ach, wir bestellen beides. Und die Pizza natürlich ohne Käse, ohne Mozzarella, ganz wichtig, gell? Haben Sie eine Unverträglichkeit? Nein, ich hasse den Geschmack. Ah, so it‘s a choice? Yes! Gut, dann noch eine Flasche San Pellegrino, wir haben Ferrarelle, auch gut. Und dann noch zwei Glas Rotwein, was haben Sie? Schlauerweise macht uns unsere Serviererin den Vorschlag, wir sollten doch mal das Angebot auf der Karte anschauen, währenddessen sie schon mal die Bestellung aufgibt.
Nun haben wir Zeit, das Geschehen um uns herum zu beobachten. Viel Zeit! Wir halten einen der zahlreichen, aber nicht für uns zuständigen Angestellten auf und erläutern ihm, dass wir vor geraumer Zeit ein Wasser bestellt hätten und im übrigen auch für die Weinbestellung bereit seien. Wieder viel Zeit zum Beobachten. Erneut kapern wir einen Angestellten und teilen ihm mit, dass wir gerne ein Glas Cannonau und ein Glas Chianti hätten, was er wiederholt und von dannen schreitet.
Unsere Serviererin kommt nun und entschuldigt sich, dass es mit dem Wasser so lange dauere, hat es aber nicht dabei. Dann kommt nochmals ein Angestellter und fragt, welche Weine wir bestellt hätten, Cannonau und what else?
Das Sprudelwasser kommt! In Plastikbechern! Wegen der langen Wartezeit werde sie es uns nicht belasten. Immerhin gewinnt unsere Kellnerin dem Ganzen etwas Positives ab: nun habt ihr schon die ganze Crew kennen gelernt!
Wir kippen das Chlorwasser in die Blumen und geniessen die Blöterli aus einem richtigen Glas.
Die Vorspeisen kommen – Coccoli, neu für uns. Riesenportionen! Je 6 Berliner, süsser Teig, aussen salzig mit Beilagen. Ok, nun verstehen wir die Diskussion bei der Bestellung.
Eine neue Angestellte fragt uns, ob wir schon Wein bestellt hätten! Langsam weicht unser aufkommender Ärger einer Fröhlichkeit, und das ganz ohne Wein.
Nun kommt aber der Wein doch, in Plastikbechern, klar, bei 10 und 12 Dollar pro ‚Glas‘ kann man ja nicht mehr erwarten, schliesslich ist der Dollar ja kaum noch was wert.
Unsere Bestellung von Olivenöl und Essig wird sofort umgesetzt: Punktemaximum!
Nun kommt die eine Hauptspeise! Aber wir kauen immer noch an unseren Krapfen rum, also return to sender (Hinweis zur Tischgrösse: reicht gerade für einen Teller plus ein ‚Glas‘). Dumm gelaufen. Das Essen ist gut.
Endlich beenden wir die Vorspeise, 4 Krapfen bleiben unangetastet, wir haben schliesslich noch was vor.
Dann schweben die beiden Hauptspeisen heran, müssen aber in der Schwebe bleiben, da der Tisch noch übervoll ist. Nun gut, wir greifen ein und räumen selber ab, damit es Platz gibt. Wobei wir gar nicht soviel Platz brauchen, denn: ja, richtig, die Pizza kommt mit Käse!! Also, wieder return to sender und Annullation der Bestellung, sooo viel Zeit und sooo viel Hunger haben wir dann doch nicht mehr.
Unsere Kellnerin kommt vorbei und teilt uns mit, dass sie doppelt sichergestellt hätte, dass kein Käse auf die Pizza komme und entschuldigt sich tausendmal. Auch ihr wird mitgeteilt, dass die Bestellung annulliert sei.
Die Teigwaren wurden mit enormem Schöpfbesteck geliefert, also bitte ein neues Besteck (das alte wurde abgeräumt). Kommt sofort und schon wieder Punktemaximum. Auch das gewünschte Salz kommt umgehend, begleitet von Pfeffer – sehr aufmerksam – in kleinen Säckchen.

Die Oberkellnerin schaut wieder vorbei und teilt mit, dass die Pizza unterwegs sei. Zum dritten Mal teilen wir unseren Annullationswunsch mit und verdrücken nebenbei noch drei der vier Berliner.
Schmeckt alles gut, nur wäre ein Viertel der Sosse auf der Pasta al Pesto Genovese ausreichend gewesen (ist ja keine Schwimmveranstaltung), aber wir sind in den USA und da muss es wohl so sein. Und wieder ist die Portion grosszügig.
Es wird zügig abgeräumt. Die Rechnung müssen wir bestellen (unüblich in den USA, sie kommt meist umgehend nach dem letzten Umsatzteil), was für uns Europäer aber normal und angenehmer ist.
Wieder haben wir viel Zeit, die Umgebung zu beobachten. So lange, dass die Oberkellnerin uns mitteilt, es dauere, da es noch ein wenig ‚editing‘ brauche. Wegen des Hinweises an die Küche, dass weniger Sosse mehr wäre, wurde uns auch noch die Pasta erlassen.
Plötzlich taucht Micheles Kopf hinter der Brüstung auf und fragt strahlend: ‚Isch guet?‘
Wir lachen auch und lassen die Frage unbeantwortet, raten ihm aber, er solle sein Personal fragen.
Die stark abgemagerte Rechnung kommt, wir schlagen für das Abenteuer die üblichen 20% drauf, schliesslich hat sich noch nie soviel Personal um uns gekümmert!
Wirklich satt und um eine Geschichte reicher, ziehen wir weiter. Aber nicht ohne Besuch der Toilette. Die mussten wir schliesslich zur Abrundung auch noch inspizieren. Wartete etwa noch ein Highlight auf uns? Ja! Erstmals in zwei Monaten USA kein Papier im Handtrockner. Der gutgemeinte Hinweis an unsere Kellnerin sorgte schliesslich dafür, dass der letzte Blick zum ehemaligen Gast in die Kategorie ‚tödlich‘ fiel!

Nachtrag: alle Gäste um uns herum wurden zügig und freundlich (wie wir auch) bedient und waren wohl rundum zufrieden. Wenn der Wurm mal drin ist, ist er halt drin. Also, keinen Bogen um Tony machen!

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Klaus Tischhauser

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