Rabat hinter uns, Essaouira vor uns

Um 15.30 haben wir heute vom Zoll- und Polizeisteg in Rabat abgelegt. Der ganze Prozess war sehr simpel; je ein kleiner Personalzettel war auszufuellen und die Paesse abzugeben. Dann kamen Polizei und Zoll in Begleitung eins Hundes gemeinsam ans Schiff. Nach ein paar Beschnupperungen durch den Hund wuenschten uns alle eine gute Fahrt. Sie wollten nicht mehr an Bord kommen. Danke.
Dann ging es raus wie rein, naemlich mit dem Lotsenboot. Ist ein ruhiger Tag heute, wenig Welle. Aber an der Einfahrt staut es halt ein wenig. Die Surfer freuts.
Wir sind praktisch eine Woche in Rabat geblieben. Es hat uns ausserordentlich gut gefallen. Die Stadt ist recht ruhig, alles und alle sind nett und zurueckhaltend. Die Stadt bietet von westlichem Leben bis zum frueher schon beschriebenen Mittelalter alles. Und was haben wir da so getrieben?
Nun, wir sind natuerlich durch die Medinas der beiden Staedte Rabat und Sale geschlendert. Haben darin zweimal ausgezeichneten Streetfood gegessen. Einmal Trutenhamburger, frisch und sehr sorgsam zubereitet, super gewuerzt. Danach ein Zuckerrohrsaft, frisch gepresst, immer wieder ein Knueller (vor allem der Limettenschnitz macht wohl viel vom Geschmack aus). Dann waren wir unten am Fischerhafen von Sale. Optisch eher haesslich. Dort gibt es aber Fischbackstuben. Man stellt sich soviel Fisch zusammen wie man will und dann wird er gebrutzelt. Wir fanden nur seltsam, dass viele Leute ihren eigenen Fisch mitbrachten und ihn nur zubereiten liessen. Wir dachten erst an Hobbyfischer oder so. Aber man kann sich den Fisch in der Fischhalle nebenan oder bei den Fischern vom Boot direkt kaufen und jeder weiss, dass man dann eben zum Brutzeln nebenan gehen muss. Fuer uns war aber der all-inclusive-Service ganz ok.
Wir haben auch noch etwas Kultur getankt. Nachdem wir das Jazzfestival von Tanger verpasst hatten, weil wir noch nicht dort waren, als es stattfand, traf es sich nun gerade richtig fuer das Jazz at Chella, einem traditionsreichen Jazzfestival, das schon zum 21. Mal in den alten Gemaeuern einer roemischen Siedlung stattfindet. Es war der Hammer. Vor allem die Oesterreicher Shake Stew waren eine Offenbarung. Allerdings live mehr als auf ihrer Platte, die wir auf dem Schiff gleich runtergeladen haben. Dann war da noch eine Spanische Bigband mit einer hervorragenden Saengerin und eine marokkanische Gruppe, mit vielen Lokalgroessen. Bei deren Musik fanden wir den Zugang etwas weniger. Im Zentrum stand eine Saengerin, welche wohl ein Star ist, die aber vor allem marokkanische, traditionelle Lieder sang mit der so fuer uns typischen arabischen Frauenstimme, die eigentlich nur von grosser Liebe und Schmerz handeln kann. Nicht unbedingt jazzig. Dann noch eine Fusion mit den Oesterreichern. Die alleine waren einfach besser.
Dann fand auch noch das Frauenfilmfestival von Sale statt, auch schon zum 11. Mal. Als wir eintrafen, hatte sich schon eine Menschentraube von draengelnden Leuten hinter der Abschrankung gebildet. Wir fragten einen Polizisten, wo man denn hier Tickets kaufen koenne. Sofort nahm er uns am Arm und schleuste uns an den anderen Leute vorbei direkt ins Innere. Seltsam, aber was konnten wir tun. Nun waren wir auf jeden Fall drin.
Der erste Film, Shakespeare in Casablanca hat einen interessanten Einblick ins marokkanische Leben und vor allem zum Thema Liebe gegeben. Scheint kompliziert zu sein.
Wir sind auch die Stadt bzw. die beiden Staedte abgeradelt und durchwandert oder haben die sehr moderne Tramway genommen. Die diversen Quartiere haben sehr unterschiedliche Gesichter – wie ueberall natuerlich – aber vieles ist halt doch anders.
Insgesamt ist Rabat/Sale recht entwickelt, es wird auch sehr viel investiert in Infrastruktur und Annehmlichkeiten fuer die Bevoelkerung, wie z.B. Uferpromenaden. Im Bau befindet sich auch ein Schauspielhaus, welches sehr futuristisch ausschaut und einen etwas groesseren Bruder in London haben soll.
Was nicht unbedingt sein muesste ist, dass im Norden von Rabat, also wohl gleich in Sale Abwaesser ins Meer geleitet werden, die unheimlich stinken. Braun zeichnet sich vom Ufer bis einige hundert Meter ins Meer hinaus ein Streifen ab. Etwas weiter unten im Sueden bei Safi soll das ja ganz besonders schlimm sein. Dort entlaesst die wichtige Phosphatindustrie die Abwaesser ungeklaert ins Meer, sehr zum Missfallen der Bevoelkerung. So haben wir das auf alle Faelle gelesen. Vielleicht hat sich das ja, wie so vieles andere auch, mittlerweile verbessert. Wir machen aber auch alle Faelle einen Bogen um Safi.
Unser Ziel heisst Essaouira. Wir kennen den Ort von der Fahrradreise. Ist ein touristischer Magnet, weil so herzig. Mal sehen, ob und wie sich das veraendert hat. Mit dem Fahrrad war es das Ziel der laengsten Tagesetappe ueberhaupt (188 km). Mit dem Schiff wird es auch die vorerst laengste Etappe, falls wir bis dahin kommen. Zum ersten Mal werden wir wohl mindestens zwei Naechte auf See sein. Die bisher 16 Schlaege, die mehr als einen Tag dauerten, beinhalteten jeweils nur eine Nachtfahrt.
Noch trennen uns etwas mehr als 200sm vom Ziel, nur wenige liegen hinter uns, Rabat ist noch gut in der Abendsonne sichtbar.

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Klaus Tischhauser

Eine Antwort

  1. Hallo, Ihr Zwei,
    ich bin zurück aus der Provence. Gespannt öffneich Eure Berichte und stelle fest, die Patrone ist leer. Zum ersten Mal also bom PC abgelesen, das war anstrengend, aber die Berichte she interessant und spannend – wie immer!
    Liebe Grüße Mama Winne

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